Ein Blick auf das Projekt von Andreas Angelidakis im Espace Niemeyer

Die erste Pariser Solo-Ausstellung des Künstlers Andreas Angelidakis, „Center for the Critical Appreciation of Antiquity“ (2022), ist jetzt und noch bis zum 30. Oktober 2022 im historischen Espace Niemeyer zu sehen (Eintritt frei).

Center for the Critical Appreciation of Antiquity (2022) ist das bislang größte und ambitionierteste Kunstwerk von Angelidakis und zugleich das erste Auftragswerk von Audemars Piguet Contemporary mit Premiere in Paris. Damit feiert das Programm gleichzeitig sein zehnjähriges Jubiläum.

Angelidakis ist Architekt mit klassischer Ausbildung und lebt in Athen. Er selbst bezeichnet sich als „Architekt, der nicht baut“. In den frühen 2000er-Jahren wandte sich Angelidakis von der Gestaltung physischer Gebäude ab und begann, virtuelle 3D-Architekturräume zu schaffen und sich mit ihnen zu beschäftigen. Er erkundet dabei das Konzept der Ruine, sowohl in der Antike als auch in der Gegenwart. Architektur ist für ihn ein Ort sozialer Interaktion. Seine Werke reflektieren über gesellschaftliche und historische Fragen der modernen Architektur, der urbanen Kultur und der digitalen Medien.

Oscar Niemeyer, Espace Niemeyer, 1965

© 2022, ProLitteris, Zurich

Center for the Critical Appreciation of Antiquity (2022) ist eine faszinierende Installation: Ausgrabungsstätte und zugleich Ort des Nachdenkens über die Antike und die moderne Stadt. Die Installation steht bewusst im Dialog mit der modernen Architektur des Espace Niemeyer, einem der berühmtesten Projekte des verstorbenen brasilianischen Architekten Oscar Niemeyer in Europa.

Die Auftragsarbeit erschafft eine für die Besucher begehbare Umgebung und schöpft ihre Inspiration aus Angelidakis umfassenden Forschungsarbeiten zur Geschichte des Zeustempels von Olympia in Athen. Die Installation spiegelt die heutigen Überreste des Tempels wider: eine von Ruinen umgebene, monumentale Säule. Doch nimmt der Künstler ästhetische Anpassungen vor, indem er Alltagsmaterialien verwendet. Die Säule besteht aus einem Gerüst mit bedrucktem Textil. Daneben befindet sich ein moderner Schiffscontainer aus Holz und bedrucktem Stoff, der mit 3D-Druck-Skulpturen befüllt ist: gewissermaßen eine Ausstellung als Teil der eigentlichen Ausstellung, mit Bezugnahme auf die Souvenirläden an archäologischen Fundstätten.

Um die zentralen Elemente herum befindet sich eine Kombination aus Skulpturen, Hausrat und Büchern in Originalgröße, die allesamt berührt und bewegt werden können und zur Interaktion anregen. Das Publikum ist aufgefordert, sich die Installation selbst anzueignen; der Künstler bricht so mit der traditionellen Auffassung, dass man Kunstwerke nicht berühren darf. Zudem werden Videos gezeigt, deren Musik dem Athener Nachtleben entlehnt ist. Der verdunkelte Bereich und das auf die Säule fokussierte Scheinwerferlicht erinnern eher an die Atmosphäre eines Nachtclubs und sind Ausdruck einer weiteren Dekonstruktion zeitgenössischer Kunstpraxis und der traditionellen Darbietung von Kunstwerken. Die verspielte Installation dient den Besuchern als interaktiver Treffpunkt, an dem sie über die Bedeutung der Antike in unserer heutigen Zeit nachdenken können. Für Angelidakis ist dies ein wichtiges Moment: virtuelle und physische Elemente seiner Arbeit werden hier zusammengeführt.

Center for the Critical Appreciation of Antiquity (2022) kann im Espace Niemeyer bis zum 30. Oktober 2022 kostenlos besichtigt werden.

Öffnungszeiten

11. bis 12. Oktober: 12:00 bis 18:00 Uhr

13. Oktober: 12:00 bis 16:00 Uhr

14. bis 16. Oktober: 12:00 bis 18:00 Uhr

18. bis 19. Oktober: 11:00 bis 18:00 Uhr

20. Oktober: 11:00 bis 15:00 Uhr

21. bis 23. Oktober: 11:00 bis 18:00 Uhr

24. bis 30. Oktober: 12:00 bis 18:00 Uhr

(Montags geschlossen)

Adresse 

Espace Niemeyer
2, place du Colonel Fabien
75019 Paris   

„Center for the Critical Appreciation of Antiquity“ (2022) ist eine metaphorische Ausgrabung der Geschichte Athens und meiner selbst als Künstler. Es handelt sich um das größte Kunstwerk, das ich je geschaffen habe, und ich hoffe, dass die Besucher beim Interagieren Spaß haben. Die Zusammenarbeit mit dem Team von Audemars Piguet Contemporary war mir eine große Freude, und ich bedanke mich für die mir gebotene Chance, diesen Auftrag in einem dermaßen unglaublichen Raum wie dem Espace Niemeyer zu verwirklichen.

Andreas Angelidakis

Künstler

Wir freuen uns sehr über die Zusammenarbeit mit Andreas Angelidakis an diesem wichtigen Punkt seines künstlerischen Werdegangs. Die faszinierende Spannung zwischen der Antike und ihrer dauerhaften Bedeutung für die heutige Gesellschaft findet durch diese eindrucksvolle Installation im Espace Niemeyer einen passenden Ausdruck. Aufgrund seiner architektonischen Bedeutung stellt das Gebäude den idealen Standort für die faszinierende neue Installation von Andreas dar. Wir hoffen auf zahlreiche Besucher.

Denis Pernet

Kunstkurator, Audemars Piguet Contemporary

Andreas Angelidakis in seinem Studio

Andreas Angelidakis (geb. 1968) lebt und arbeitet in Athen. Er ist ausgebildeter Architekt (Bachelor of Architecture am Southern California Institute of Architecture und Master in Advanced Architectural Design an der Columbia University), arbeitet inzwischen aber multidisziplinär: als Architekt, Künstler, Kurator und Autor, der sich sowohl Recherchen als auch Ausstellungen widmet, oftmals aus der Perspektive des Internet. 

Angelidakis stellt das Gebäude als Endprodukt der Architektur immer wieder in Frage, indem er die Reihenfolge von Entwurf und Umsetzung umkehrt. Oft geht er von einem bestehenden Gebäude aus und schafft Modelle, Filme, Ruinen, Installationen oder alternative Geschichten. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Fakten und Fiktion, zwischen Realität und Virtualität. Als Künstler und Kurator hat er an zahlreichen Ausstellungen in aller Welt teilgenommen, darunter: „The State of the Art of Architecture“ bei der ersten Chicago Architecture Biennial, die 12. Baltische Trienniale im Zentrum für zeitgenössische Kunst in Vilnius und „Super Superstudio“ im PAC in Mailand (alle 2015) sowie „documenta14“ in Athen und Kassel (2017). 2019 nahm er an der Bergen Assembly teil. Er lieferte ein multifunktionales soziales Sitzsystem zu Paul B. Preciados „Parliament of Bodies“ für die documenta14 sowie für die Film-Biennale im OGR in Turin. Zu den von ihm kuratierten Ausstellungen gehören „The System of Objects“ in der Deste Foundation in Athen, „Super Superstudio“ im PAC in Mailand, „Fin de Siècle“ im Swiss Institute in New York, „Period Rooms“ in Het Nieuwe Instituut Rotterdam und „OOO Object Oriented Ontology“ in der Kunsthalle Basel.